Samstag, 29. Mai 2010

38.Tag - 23.05.2010

Negreira - Olveiroa - 34,3km

Wegen der Hitze wieder um 5.30h aufgestanden, um 6.00h losgelaufen. Habe super geschlafen! Um 6.00h war es noch stockdunkel doch schon schön warm.
Negreira besitzt ein schönes, mittelalterliches Stadttor am Ortsausgang Richtung Finisterra. Habe dort 2 "Nachtfotos" geschossen.


Der Weg heute verlief in großen Teilen auf ruhigen Landstraßen aber bei der Hitze ab 10.00h doch ziemlich anstrengend. Es waren aber auch wieder schöne Hohlwege durch dichte Eukalyptuswälder, durchsetzt mit gelb blühenden Ginsterbüschen dabei, die schon fast an einen Dschungel erinnerten.



Erster Stop nach 13,3km in einer Bar in Vilaserio, 2 Cafe con Leche mit Tostadas und Marmelade eingenommen. Dann weiter 8,6km nach Santa Marina zu einer Bar am Straßenrand und zur Erfrischung mit 2 alkoholfreien Bieren den Staub runtergespült.
Nochmals 12,4km weiter bis zu meinem Tagesziel Olveiroa. Zunächst ging es in der sengenden Hitze auf der Staße stetig bergauf bis zu einer Anhöhe, von der man bereits den See in der Nähe von Olveiroa sehen konnte. Dann ging es wieder bergab durch mehrere kleine Dörfer.

Mais-Speicher








Kirche mit umliegenden Gräbern


Die letzten km bin ich zusammen mit Birgit aus Innsbruck/Tirol und Michael aus Stuttgart gelaufen - zum Endspurt recht hilfreich.
Die Herberge befindet sich in 3 schön renovierten alten Stein-Bauernhäusern - ingesamt ein recht ansprechender Eindruck.














Herberge in Olveiroa

















Wegen der Wärme habe ich mir ein Bett in einem im Tiefgeschoß gelegenen Raum genommen. Nach Auspacken mit Michael in die benachbarte Bar und 2 große Bier mit einem Teller Oliven zur Erfrischung genommen.

Dort hatte ich mitbekommen wie eine jüngere Frau erzählte, daß sie geplant hatte, mit Ihrer Mutter zusammen von Sarria nach Santiago  zu laufen. Dies konnte kein Zufall sein. Wie sich herausstellte, war Christin die Tochter von Manuela, die ich vom ersten Tag an immer wieder auf dem Weg getroffen hatte.

Dann Wäsche gewaschen, Tagebuch geschrieben und geduscht.
Um 19.00h zusammen mit Birgit und Stephan aus dem Ruhrgebiet zum Abendessen ins Restaurant: Gemischter Salat, Galicische Fleischplatte, Eis mit Rotwein, Wasser, Brot. War nicht so doll, da das Fleisch recht fett war und es dazu nur Kohlblätter und Kartoffeln gab.
Danach noch eine Weile in größerer, gemütlicher Runde bei ein paar Bier in der Bar gesessen, zusammen mit einem schwulen Paar aus Bayern, die die anderen mit Ihren Sprüchen und Gesten unterhielten.













links: Michael
















Stefan und Birgit

Da ich am nächsten Morgen wieder früh los wollte, bin ich um 23.00h ins Bett. Leider lag im Schlafraum schon ein Ostdeutscher, der fürchterlich laut schnarchte - und das fast die ganze Nacht. Ich habe mir vorgenommen, ab jetzt nur noch Einzelzimmer zu nehmen.

37. Tag - 22.05.2010

Der Weg nach Finisterra -
zum Ende der (damaligen) Welt

Santiago de Compostella - Negreira - 22km

Um 5.30h !! zusammen mit Egon aufgestanden dessen Flug mit Ryanair am frühen Morgen nach Frankfurt-Hahn startete. Bereits um 6.00h war ich am Kathedralenplatz und Parador-Hotel vorbeigezogen in Richtung Finisterra.


Es war noch ziemlich dunkel aber mit der Beschreibung in meinem Reiseführer kein Problem, den Weg zu finden.
Es war wieder blauer Himmel angesagt bei gleichzeitig milden Temperaturen, sodaß ich im T-Shirt laufen konnte. Zunächst ging der Weg durch einen Park und stieg dann an durch einen Eukalyptuswald.

Rückblick auf die Kathedrale im Morgengrauen

Bei der zum Laufen idealen Temperatur kam man gut voran durch schöne Wälder und die Dörfer Quintans, Ventosa, Aquapesada auf die Anhöhe "Alto do Mar de Ovellas" in 270m  Höhe.

Lupinenfeld












Danach Richtung Ponte Maceira, ein sehr schönes Dorf mit alten Steinhäusern, welches eine wunderschöne, alte Brücke über den doch breiten Fluß besaß.































Weiter ging es über die Dörfer Barca und Chancela nach Negreira, meinem Tagesziel. Ich kam bei schon großer Hitze bereits um 11.15h in der privaten Herberge "San Jose" an, die erst vor 2 Monaten den Betrieb geöffnet hatte (12€ inkl. WIFI). Habe ein bischen an meinem Blog gearbeitet und bin dann in den Ort, um Getränke und Bananen für den folgenden Tag zu kaufen. Auf dem Rückweg zur Herberge gegen 13.00h war es höllisch heiß. Morgen muß ich bei vermutlich ähnlichen Temperaturen aber dann ca. 35km laufen - keine tollen Aussichten.
Jetzt sitze ich im Außenbereich in der Sonne und schreibe Tagebuch. Danach duschen und Wäsche waschen - trocknet unter den heutigen Bedingungen sehr schnell - ein Mitpilger hat seine 2 Trekkinghosen nacheinander in einer 1/2 Stunde gewaschen und getrocknet. Anschließend nochmals ca. 2h an meinem Blog gearbeitet inkl. 2 hochgeladenen Fotos - das erste Mal auf meiner Reise (der Computer hatte bereits Windows 7). Die Herberge ist wirklich optimal organisiert und sehr komfortabel - ist halt alles brandneu. Es gibt sogar frisch bezogene Betten und ein Frotteehandtuch. Das Personal ist zudem sehr hilfsbereit, deutschsprachig und super freundlich.

Schlafsaal Herberge "San Jose"

Um 19.30h aufgebrochen zum Abendessen. Habe mich für eine Pizzeria entschieden, da Pizza einigermaßen magenfreundlich ist. Fühle mich gesundheitlich wieder ganz gut.
Die Pizza war auch lecker, habe noch einen Teil der 1. Halbzeit des Fußball Finalspiels zwischen Bayern München und Inter Mailand mitbekommen. Bin aber beim Stand von 0:0 gegangen. Ausgegangen ist das Spiel 2:0 für Inter.
Um 22.00h die Ausrüstung in den Rucksack gepackt und dann ins Bett.
Super geschlafen.

Dienstag, 25. Mai 2010

36. Tag - 21.05.2010

Santiago de Compostella - Endlich am Ziel!
















Heute mal ein Ruhetag - nur Umherlaufen in der Altstadt.
Wegen dem Krach in der Nacht bis 6.00h morgens! haben wir bis 9.30h geschlafen. Um 10.00h sind Egon und ich zum Frühstück in ein Altstadtcafe. Wegen meiner Probleme hatte ich am Abend noch eine weitere Antibiotika Tablette eingenommen. Fühle mich ziemlich schwach und bin mir nicht sicher, ob ich morgen zu Fuß nach Finisterra laufen soll.
Im Cafe einen Tee getrunken und Marmeladentoast gegessen. Um 11.00h mit Egon in die Kathedrale, um einen guten Platz in der Pilgermesse zu ergattern, die täglich um 12.00h beginnt.

Altar mit Jakobus Statue

Pilgermesse mit Botafumeiro

Link für Youtube Video: Botafumeiro in Aktion:
http://www.youtube.com/watch?v=bUxSdgKnYkQ&feature=youtube_gdata


Vor Beginn der Messe bereits allerlei Gebete und Gesangseinübungen durch einen Priester und eine Nonne. Der Gottesdienst in der randvoll gefüllten Kirche war schöner als zunächst erwartet. Er erwies sich als ein würdiger Abschluß meiner Pilgerreise. Sogar am Abendmahl habe ich teilgenommen. Ergreifender Höhepunkt am Schluß war der Einsatz des 50 kg schweren "Butafumeiro" (Weihrauchfass), welcher durch mindestens 6 Mönche über eine Seilrolle an einem 35 m langen, dicken Tau vom Kirchengewölbe hängend in Schwingungen versetzt wurde, sodaß er durch das gesamte Querschiff schwingend auf beiden Seiten bis unters Kuppeldach hin und her bewegt wurde (angeblich wurde der Butafumeiro im Mittelalter installiert, um mit dem Weihrauchduft die nach der langen Reise nicht gerade wohlriechenden Ausdünstungen der Pilger zu überdecken). Zusätzlich sorgte der schöne, kraftvolle Gesang der Nonne zusammen mit theatralisch klingender Orgelunterstützung für ein würdevolles und bewegendes Ambiente. Während des Gottesdienstes haben wir ein paar bekannte Pilger wieder getroffen.








Die Kathedrale




Danach ins Touristenbüro, um Infos für meinen Weg nach Finisterra zu holen. Außerdem ein paar Bananen und ein leckeres, gehaltvolles Vollkorn-Rosinenbrötchen gekauft. In einem Straßenlokal 3 Cola getrunken und vorbeiziehende Leute beobachtet. Wolfgang und seine Frau flanierten vorbei. Später traf ich noch auf Holger, der gerade angekommen war.

Eingang zur Fußgängerzone......

....mit vielen Seafood Restaurants

Gegen 16.00h ins Hostal um Wäsche zu waschen und mein Tagebuch zu führen. Den 3. Teil des Jakobsweges auf Everytrail.com hochgeladen und SMS an Patrick geschickt. Danach wieder in der Altstadt herumgestreift in der Nähe der Markthallen und der nahegelegenen Universität.

Markthallen


Nochmals ein paar Fotos geschossen, ein zweites Mal durch die heilige Pforte gegangen, Jakobus umarmt und seine Krypta besucht, diesmal bedächtiger und harmonischer als am Vortag.

Kathedrale mit heiligem Tor


Heiliges Tor

Jakobus


Jakobus-Statue am Altar
Krypta mit Jakobus Sarkophag

Anschließend die Erlebnisse per e-mail an die Freunde geschrieben. Auf der Kathedralen Treppe dabei Andrea aus Trier getroffen. Sie ist knapp 3 Monate auf Jakobswegen, u.a. Camino Frances, Camino Portugese und den Weg nach Finisterra unterwegs. Morgen fährt sie wegen Knieproblemen nochmals mit dem Bus nach Finisterra, um dort ein paar Tage Strandurlaub zu machen. Vielleicht treffe ich sie ja dort. Anschließend noch letzte Einkäufe und Vorbereitungen für morgen getätigt, dann mit Egon in einer Straßenkneipe ein Bier getrunken, dabei Martina getroffen. Egon wollte anschließend Abendessen gehen, welches ich mir leider verkneifen muß.
Um 20.30h bin ich vom Hostal wieder losgelaufen und fand Egon an einem Tisch in einer Altstadtkneipe, wo 2 Straßenmusiker gute Musik auf verschiedenen Instrumenten spielten, zusammen sitzend mit Herbert aus Österreich. Herbert ist den Küstenweg gelaufen und will am nächsten Tag heimreisen. Er ist nebenberuflich Songschreiber für deutschsprachige Musik.









Tapas
Straßenmusiker

Egon und Herbert

Ich setzte mich zu den beiden. Zu jedem bestellten Getränk gab es eine ansehnliche Menge leckere Tapas gratis, sodaß wir alle auch ohne Abendessen gut satt wurden. Etwas später gesellte sich auch Franz aus Wien zu uns, der von seiner Tagestour nach Finisterra zurückkam und ebenfalls am nächsten Tag heimreist. So hatten wir dann zusammen einige Drinks und viel Spaß miteinander. Das Antibiotikum schien zu wirken, jedenfalls habe ich die Tapas sehr gut vertragen. Wolfgang mit Frau kam kurz zum Abschied vorbei. Die beiden wollten am kommenden Tag mit dem Mietwagen nach Finisterra. Zwischen Mitternacht und 1.00h verabschiedeten wir uns herzlich und jeder ging seiner Wege.
Zuvor hatte mir Herbert wertvolle Tips für den Weg nach Finisterra gegeben. Bin gegen 1.00h ins Bett mit dem festen Willen, morgen zu Fuß nach Finisterra zu starten. Habe dafür 4 Tage eingeplant.

35. Tag - 20.05.2010

Santa Irene - Santiago de Compostela - 24,2km

Nach unruhiger Nacht um 6.30h aufgestanden und gegen 7.15h mit Egon losgelaufen.
Wieder blauer Himmel und noch wärmere Temperaturen - T-Shirt Wetter!
Der Weg heute führte zum Glück oft durch schattige Hohlwege und schöne Eukalyptuswälder.



Nach ca. 7km bei Amenal zum Frühstück in eine Bar: 2 Cafe con Leche und ein Croissant. Dann näherten wir uns bereits dem Flughafen "LABACOLLA" von Santiago. Die Start- und Landebahn mußte großzügig umgangen werden, verlief aber durch schöne Natur.

Wegstein "Santiago" am Flughafen

Im Ort Labacolla fließen 2 Bäche zusammen. Hier hatten sich die Pilger im Mittelalter gewaschen (Labacolla = Genitalienwaschanlage) bevor sie dann feierlich in Santiago einzogen.

Labacolla, historischer Pilger Waschplatz

Im nächsten Ort wegen der Hitze in einer netten Herberge mit Biergarten im Innenhof noch einen Stop eingelegt und 2 alkoholfreie Bier genossen.

Egon

Dann ging es weiter zum Monte de Gozo "Berg der Freude", von dem die Pilger im Mittelalter das erste Mal einen Blick auf die Kathedrale werfen konnten. Heute ist dieser Blick durch große Bäume versperrt :-((.

Vom Papst gestiftetes Denkmal am "Berg der Freude"
Egon  und Jürgen
vorbei an der Massenherberge "Monte de Gozo" (3.000 Betten)

Von hier sind es noch knapp 5km zur Kathedrale, die sich aber wegen der nicht sonderlich schönen Vorstadt und den hohen Temperaturen endlos in die Länge zogen. Gegen 13.30h schließlich erreichten wir die Altstadt Santiagos - ungewaschen und verschwitzt.

Eingang zur Altstadt Santiago's

Kurz vor dem Kathedralenplatz fragte uns eine alte Frau, ob wir auf der Suche nach einem Zimmer wären. Glücklicherweise stellte sich heraus, daß das angebotene Doppelzimmer günstige 30€ kostete und nur 2min von der Kathedrale entfernt war. Wir mieteten den Raum für 2 Nächte. Anschließend über den Kathedralenplatz, wo wir das erste Mal ehrfürchtig die gewaltige, barocke Fassade der Kathedrale betrachten konnten, zum Pilgerbüro, um unsere "Compostella", die begehrte Urkunde, abzuholen. Die Wartezeit, bis wir an die Reihe kamen, betrug über 30min.

Westportal der Kathedrale am Obradoiro-Platz



nicht mehr benötigte Pilgerstöcke vorm Pilgerbüro

meine Compostella

Danach ins Internetcafe um Egon für seinen Flug mit Ryanair am kommenden Samstag online einzuchecken.
Nachdem wir Pilgerpaß und Compostella in unserem Hostal deponiert hatten gingen wir zum nahegelegenen Casa Manolo zum Mittagessen:
Kartoffelsalat galicische Art, Seezunge mit Salat, Eis.
Dort trafen wir auch Hans aus Morbach wieder.
Während Egon ins Hostal zum Nachmittagsschläfchen ging, streifte ich noch ein bischen durch die Altstadt. U.a. ging ich durch die heilige Pforte der Kathedrale (die nur im heiligen Jahr geöffnet wird), umarmte nach altem Ritual die Jakobus Statue am Altar und besuchte seinen Sarg in der Krypta unter dem Altarraum. Nach den Regeln der Kirche wurden mir damit alle meine Sünden vergeben.
Speziell das große Eingangsportal der Kathedrale im Barockstil ist sehr beeindruckend. Rundherum bietet der abwechslungsreiche Bau viele Fotomotive. Habe dies reichlich ausgenutzt und viele Fotos "geschossen".
Bekannte Pilger hatte ich erstaunlicherweise an diesem Nachmittag nur sehr wenige getroffen - vielleicht lagen viele erschöpft in ihren Betten.
Mein Verdauungsproblem hat sich wieder zurückgemeldet - zu früh gefreut. Ich muss doch stärkere Geschütze auffahren. Zum Glück habe ich Antibiotika dabei von denen ich nun die erste Tablette einwarf.
Um 19.30h mit Egon in die Altstadt. Dort traf ich wieder Uli aus Bochum mit den 3 Österreichern, Josef, Herbert und Franz bei einem Bier sitzend in einer Straßenkneipe.

v.l.: Uli, Herbert und Josef

War echt schön, diese sympatischen Mitpilger, mit denen ich mehrere Etappen gelaufen war, wiederzusehen. Nach herzlicher Abschiedszeremonie - Uli, Josef und Herbert fliegen am Folgetag nach Hause, Franz fährt mit dem Bus für eine Tagestour nach Finisterra - weiter zum Kathedralenplatz. Dort wieder auf Hans getroffen. Mit ihm sind wir in die Bar des 5* Hotels Parador zu einem Glas Rioja Wein.

Parador Hotel am Obradoiro-Platz
Blick vom Paradorhotel zum Obradoiro-Platz

Anschließend ein paar Bier in einer Straßenkneipe getrunken sowie ein paar Tapas in einer Bar gegessen. Wegen meiner anhaltenden Magenverstimmung hatte ich weder Lust noch Appetit auf ein Abendessen. 

Riesenrad im nahe gelegenen Park

Deutlich nach Mitternacht zurück ins Hostal - so spät war man gar nicht mehr gewohnt.
An Schlaf war aber nicht zu denken wegen laut grölender (Jugend)gruppen, die durch die Gassen zogen und dies ohne Unterbrechung bis zum Morgengrauen gegen 6.00h. Dann endlich eingeschlafen bis ca. 9.30h!